Eine Frau, ein Mann, ein
Dancefloor: So lernen sich Qiaoqiao (Zhao Tao) und Guo Bin (Li Zhubin) kennen. Irgendwo
in der nordchinesischen Provinz haben sich diese traurigen Seelen gefunden,
doch das anfängliche Glück hält nicht lange. Der mysteriöse und wortkarge Bin
wird zunehmend frustrierter und flieht aus seinem Zuhause. Qiaoqiao, verwirrt
von seinem plötzlichen Verschwinden, macht sich auf die Suche nach ihrer großen
Liebe, doch in Bins neuem Leben scheint kein Platz für sie zu sein. Es beginnt
die stille Reise einer Frau, die wie ein Phantom fast teilnahmslos durch die
Provinzen Chinas gleitet und die wandelnde Umwelt registriert. Mehr Handlung
braucht der chinesische Autorenfilmer Jia Zhangke nicht für seinen neuesten
Film “Caught by the Tides.”
Mit seiner unvergleichlichen Fähigkeit, die komplexe soziale und kulturelle Landschaft Chinas einzufangen, präsentiert er uns einen nahezu dialoglosen Film, der seinen Figuren einfach frei und lose durch die gewaltige Landschaft Chinas folgt. Das Ergebnis ist ein faszinierendes Puzzle aus Geschichten und Emotionen sowie ein suggestives Stimmungsbild der raschen Modernisierung der Volksrepublik. Jia Zhangke kombiniert alltägliche Szenen mit poetischen Bildern des Dreischluchtenstaudamms, die er selbst vor vielen Jahren gemacht hat. “Caught by the Tides” ist damit auch ein Found-Footage-Film, dessen eigentliches Thema der Fluss der Zeit ist. So verbinden sich Geschichte und Geschichten zu einer eindringlichen Metapher auf den kollektiven Ausdruck von Hoffnung und Trauer in einem sich wandelnden China.
Festivals u.a. in Cannes, Jerusalem, New Horizons, Melbourne, Toronto, Vancouver, New York und London.