Das junge litauische Kino bereitet
sich langsam auf den weltweiten Durchbruch vor, und die Regiedebütantin Saulé
Bliuvaité führt diese Bewegung mit ihrem herausragenden Film „Toxic” an, der
zurecht dieses Jahr den Goldenen Leoparden in Locarno gewonnen hat. Auf den
ersten Blick wirkt der Film wie ein Coming-of-Age-Drama über Teenagerinnen in
der tristen litauischen Provinz. Doch schon der vieldeutige Titel verweist auf
die Komplexität einer vergifteten Welt.
Die Geschichte folgt der 13-jährigen Marija (Vesta Matulyte), die zu ihrer Großmutter in eine kleine litauische Stadt geschickt wird, wo die triste Industriekulisse von Kühltürmen und Hochspannungsmasten dominiert wird. Marijas Status als Neuankömmling und ihre körperliche Behinderung machen sie zum Mobbingopfer. Sie trifft auf die wilde Kristina (Ieva Rupeikaite), mit der sie in einen heftigen, surreal überhöhten Kampf um eine Jeans gerät. Aus dieser negativen Energie entwickelt sich bald eine tiefe Freundschaft zwischen den Mädchen, die versuchen, eine Modelkarriere aufzubauen und dadurch in einen Strudel aus Bulimie und Gewalt abrutschen.
„Toxic” ist ein pulsierender Film, der die Ängste und Träume heutiger Teenager in Osteuropa einfängt und gleichzeitig auf die Herausforderungen hinweist, die sie bewältigen müssen. Regisseurin Saulé Bliuvaité, die auf ihre eigenen Teenager-Erfahrungen zurückgreift, zeigt, dass sie das Talent hat, diese komplexen Themen mit Feingefühl und Respekt zu behandeln. Sicherlich das wichtigste Filmdebüt des aktuellen Kinojahres.
Preise: u.a. Locarno (Goldener Leopard, Bestes Debut, Junior Jury Preis und Ökumenischer Preis)