Winter 1944: Im verschneiten
Bergdorf Vermiglio nahe dem Passo del Tonale verläuft das Leben in
traditionellen Bahnen. Familien schlafen im gleichen Zimmer, Tiere müssen
gefüttert werden, die Kirche und die Schule sind das Zentrum des Alltags. Die
Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs scheinen an den Bewohnern vorbeizugehen.
Doch als ein italienischer Soldat aus Sizilien, ein Deserteur, in das
abgeschiedene Dorf kommt, verändert sich das Leben der Menschen und bringt
Unruhe in die festgefahrenen Strukturen. Besonders ein junges Mädchen gerät plötzlich
zwischen unerwartete Fronten.
Regisseurin Maura Delpero greift für ihren ruhig-meditativen Film auf ethnografische Elemente zurück, die an Ermanno Olmis Meisterwerk „Der Holzschuhbaum“ erinnern. Delpero verbindet Tradition und Moderne in einem filmischen Raum, der sowohl die persönlichen Entwicklungen der Figuren als auch die Gemeinschaft des Dorfes in den Blick nimmt. Die vier Jahreszeiten strukturieren die Geschichte und spiegeln den Übergang von einem alten zu einem neuen Zeitalter wider. Die Ankunft des Soldaten weitet die engen Horizonte des Dorfes und lenkt den Blick gen Süden, hin zu den Weiten Siziliens, dessen Karte die Familie des Dorflehrers in einer denkwürdigen Szene mit Ehrfurcht betrachtet.
Delpero beruft sich in ihrem erst
zweiten Spielfilm auch auf biografische Elemente und erzählt präzise von Liebe
und Mutterschaft, sexueller Versuchung und Reue sowie intellektueller Neugier.
„Vermiglio“ war die große Überraschung des diesjährigen Filmfestivals in
Venedig und gewann den Großen Preis der Jury.
Festivals u.a. in Venedig, Chicago, Ghent, Hamptons, London, Athen und Valladolid; Preise: Venedig (Großer Preis der Jury, Beste junge Schauspielerin und Bester Italien-Film, Green Drop Award etc.)