An einem kalten Winterabend findet der alte sympathische Junggeselle Seligman (Stellan Skarsgard) eine halb-bewusstlose, zusammengeschlagene Frau namens Joe (Charlotte Gainsbourg) in einer dreckigen Seitenstraße. Er nimmt Joe, die sich selbst als Nymphomanin bezeichnet, mit in seine Wohnung, wo er ihre Wunden versorgt und sie fragt, was ihr passiert ist. Ein langes, intimes und detailreiches Gespräch entspinnt sich. Aufmerksam hört der ältere Mann zu, während Joe - in acht Kapiteln - die lustvolle, verzweigte und facettenreiche Geschichte ihres Lebens, von ihrer Geburt bis zu ihrem 50. Lebensjahr, erzählt.
Sie heißt Joe. Verwundet liegt sie eines Abends auf der Straße, als er sie findet. Er nimmt sie mit zu sich nach Hause, gibt ihr zu essen und ein Bett. Aus Dankbarkeit beginnt sie ihre Geschichte zu erzählen. Wie alles begann. Und wie sie wurde, was sie nun ist. Insgesamt acht Kapitel hat Lars von Trier für seinen neuen zweiteiligen Film über die Lebensbeichte einer nymphomanen Frau konzipiert. Im ersten Teil werden fünf davon erzählt. Im Zentrum steht der intensive und kammerspielartig inszenierte Austausch der zwei Hauptfiguren. Charlotte Gainsbourg ist Joe. In ihrem faszinierenden Spiel mischen sich kluge Gedanken und depressive Erinnerungsfetzen, Abgestumpftheit und Melancholie. Stellan Skarsgård ist ihr stoisch zuhörendes und verständnisvolles Gegenüber, ihr Therapeut und Beichtvater zugleich. Jedes Kapitel ist anders aufgebaut, dabei arbeitet von Trier virtuos mit verschiedenen Stilmitteln und Metaphern, verknüpft beispielsweise die Theorie des perfekten Anglers oder Bachs Dreiklang mit Joes sexuellen Erlebnissen. Die Bilder sind explizit, doch immer inhaltlich motiviert. Der Sex und Joes zwanghafte Sucht danach geben immer tiefere Einblicke in eine zerrissene Psyche eines Menschen, der nicht weiß, was er tun soll, weil er immer nur seinen Trieben folgen kann und muss. Das Ende ist abrupt und eröffnet einen Ausblick auf das, was folgen wird. Ein provozierendes Werk über eine zwanghaft sexgetriebene Frau, das sicherlich polarisiert.